06.11.2024

Die US-Wahl: Einschätzungen des DZ BANK-Research

Michael Holstein, Chefvolkswirt
Michael Holstein, Chefvolkswirt

Donald Trump erneut im Weißen Haus: Druck auf Deutschland für schnelle und umfassende Wirtschaftsreformen steigt weiter an - Michael Holstein

Donald Trump zieht erneut ins Weiße Haus ein und mit ihm kommt seine handelspolitische Agenda zurück. Er hat markante Zollerhöhungen angekündigt, nicht nur gegenüber China, sondern auch Europa und Deutschland.

Für die deutsche Exportwirtschaft sind die Vereinigten Staaten der wichtigste Absatzmarkt, der gerade in einer Phase zunehmender Probleme im Handel mit China wieder an Bedeutung zugelegt hat. Trump hat einen allgemeinen Zolltarif von zehn Prozent auf alle US-Importe angekündigt, aber auch gezielte Zollerhöhungen bei bestimmten Produktgruppen sind denkbar. Die deutschen Unternehmen werden – je nach Abhängigkeit vom US-Markt und den eigenen Möglichkeiten – sicherlich über eine weitere Produktionsverlagerung in Richtung USA nachdenken.

Für die ohnehin durch eine hohe Kostenbelastung und Überregulierung strukturell angeschlagene deutsche Wirtschaft kommt mit Trumps Handelspolitik ein neuer Belastungsfaktor hinzu. Der Druck auf die Wirtschaftspolitik in Deutschland, schnelle und umfassende Reformen auf den Weg zu bringen, steigt damit weiter an. Nur so ist Wachstum wieder möglich. In einer solch schwierigen Zeit ist politische Handlungsfähigkeit gefragt, auch über die ideologischen Parteigrenzen hinweg und mit einer pragmatischen Herangehensweise.

Ob Trump auch seine Kritik an der Geldpolitik der US-Notenbank aufrechterhält und auf eine direkte Einflussnahme dringen wird, bleibt abzuwarten. Spätestens beim Ende der Amtszeit von Fed-Präsident Jerome Powell 2026 könnte sich für Trump die Gelegenheit ergeben, die Geldpolitik unter seine direkte Kontrolle zu bringen. Das könnte allerdings das Vertrauen der Finanzmärkte in die Geldwertstabilität untergraben und damit auch international zu Verwerfungen führen.

Marcel Heinrichsmeier, Krypto Analyst
Marcel Heinrichsmeier, Krypto Analyst

Rote Welle der Republikaner greifbar: Trump sorgt für neuen Bitcoin-Rekord - Marcel Heinrichsmeier

Die führende Kryptowährung Bitcoin erreichte heute Morgen (MEZ) nach mehr als sieben Monaten ein neues Allzeithoch von 75.369 US-Dollar (zuvor 73.798 US-Dollar Mitte März 2024). Auch der gesamte Krypto-Markt stieg erneut auf rund 2,5 Billionen US-Dollar, einhergehend mit dem höchsten Handelsvolumen seit Anfang August dieses Jahres. Beflügelt durch den nun sehr wahrscheinlichen Wahlsieg von Donald Trump und die neue republikanische Mehrheit im Senat hoffen Krypto-Anhänger auf eine freundlichere Politik und Regulierung in den USA für „ihre“ Assetklasse.

Tatsächlich ließ Trump während seines Wahlkampfs keine Gelegenheit aus, seine neue Haltung als „Krypto-Präsident“ im Vergleich zu seiner ersten Amtszeit im Weißen Haus zu demonstrieren. Im Sommer hielt er eine Rede auf einer großen Bitcoin-Konferenz und vor wenigen Wochen bezahlte Trump mit Bitcoin in einer New Yorker Bar. Spekulationen auf eine staatliche US-Bitcoin-Reserve könnten in den kommenden Monaten wieder Fahrt aufnehmen. Trump hatte angekündigt, vom Staat konfiszierte Bitcoins nicht mehr verkaufen zu wollen und die USA zum „Krypto-Weltzentrum“ zu machen.

Sollte auch das Repräsentantenhaus wieder in republikanische Hände fallen – und danach sieht es derzeit aus – wäre die „rote Welle“ perfekt und Trump könnte tatsächlich viele seiner Wahlversprechen durchsetzen. Weitere Kursgewinne von Bitcoin & Co. könnten folgen. Bei aller Euphorie gibt es dennoch ein Wermutstropfen und möglichen Stolperstein für den Krypto-Markt: Die Renditen von US-Treasuries reagierten auf den wahrscheinlichen Sieg Trumps mit einer spürbaren Steigerung. Attraktive Alternativrenditen an den Rentenmärkten sind grundsätzlich nicht förderlich für Kryptowährungen. Sollte sich diese Entwicklung in den kommenden Wochen und Monaten fortsetzen, könnte dies ein Bremsklotz für weitere Kursgewinne des Krypto-Sektors sein.

Sören Hettler, Leiter Anlagestrategie
Sören Hettler, Leiter Anlagestrategie

Trump Trade: US-Märkte profitieren – Rest der Welt tut sich schwer - Sören Hettler

Donald Trump dürfte zum zweiten Mal ins Weiße Haus einziehen. Auch bei den Kongresswahlen sieht es für die Republikaner gut aus. Vor allem an den US-Märkten sorgt das für Feierstimmung. Der Future-Kontrakt für den S&P 500 zeigte am Morgen deutscher Zeit um zwei Prozent nach oben – der Russel 2.000, der vor allem mittelgroße und kleinere US-Unternehmen umfasst, sogar um mehr als vier Prozent. In Hongkong ging es für den Hang Seng Index dagegen deutlich nach unten. Die meisten europäischen Indizes zeigen sich derzeit moderat im Plus. Hier dürfte es künftig zweigeteilt ablaufen: Firmen, die einen starken Chinabezug haben, könnten leiden. Werte mit starkem US-Bezug von der antizipierten Trump-Politik stark profitieren. Strahlender Gewinner am Devisen-Markt ist derzeit der US-Dollar – deutlich schwächer zeigen sich Euro und der mexikanische Peso.

Christoph Kutt, Leiter Fixed Income Research
Christoph Kutt, Leiter Fixed Income Research

Rentenmärkte: heute keine Panik, später vielleicht schon - Christoph Kutt

Die Rentenmärkte hatten schon in den vergangenen Tagen damit begonnen, einen Trump-Sieg einzupreisen. Daher sind die Marktteilnehmer heute auch nicht in Panik verfallen. Aktuell scheint sich eher ein unentschiedenes Bild darzustellen. Lediglich in den riskanteren Marktsegmenten konnte leichtes Profit-Taking auf den Trump-Trade beobachtet werden. Das dürfte sich auch in den kommenden Tagen fortsetzen. Auf längere Sicht kommt es darauf an, wie der neue Präsident seine Agenda genau umsetzen wird. Angesichts einer Verschärfung der geopolitischen Stimmung ist zunächst mit höheren Risikoprämien in den Rentenmarktsegmenten zu rechnen – gerade gegenüber den risikoärmeren Staatsanleihen.

Mit mehr Klarheit über den Kurs der Geopolitik und sich abzeichnenden Lösungen für konjunkturelle Probleme ist auf längere Sicht eine Einengung der Spreads möglich. Aufgrund des größeren systematischen Risikos ist aber von einem höheren Niveau als in der jüngeren Vergangenheit auszugehen. Je nachdem, wie stark sich die Spreads von Staatsanleihen ausweiten, ist sogar denkbar, dass sich die EZB gezwungen sieht, ihr für diesen Fall geschaffenes Transmission Protection Instrument zu aktivieren.

Sonja Marten, Leiterin Research Devisen und Geldpolitik
Sonja Marten, Leiterin Research Devisen und Geldpolitik

EURO deutlich im Minus: Kommt die Dollar-Parität? - Sonja Marten

Der US-Dollar hat den Wahlsieg Trumps äußerst positiv aufgenommen und auf breiter Basis an Wert gewonnen. Der Euro hatte das Nachsehen und handelt heute deutlich niedriger. Überraschend kommt diese Reaktion nicht. Wenn überhaupt, hätten wir mit einer noch ausgeprägteren Marktreaktion gerechnet, da die „Rote Welle“ nun zur Realität wird. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Denn die Wegweiser für EUR-USD deuten, nun da Trump eine zweite Amtszeit antreten wird, eindeutig gen Süden. In den USA dürfte die Erwartung stärkeren Wirtschaftswachstums, höherer Inflation und schrumpfenden Zinssenkungspotenzials den Dollar beflügeln.

Auf der Kehrseite dieser Medaille steht die (sehr berechtigte) Befürchtung, dass der kaum zu umgehende Handelsstreit mit den USA das hiesige Wachstum zusätzlich belasten wird. Solange ein importierter Inflationsschub ausbleibt, wird die EZB also weiter die Zinsen senken – die Schere zwischen den USA und der Eurozone geht somit weiter auf. Im Währungspaar EUR-USD dürfte sich all dies in deutlich niedrigeren Notierungen niederschlagen. Die Parität mag aus heutiger Sicht noch weit entfernt sein, könnte aber bereits bald in den Fokus des Marktes rücken.