Sonderumfrage im Mittelstand: Immer mehr Geschäftsausfälle durch Materialsorgen und Preisdruck
- Zwei Drittel aller Mittelständler können Aufträge derzeit nur zeitverzögert abarbeiten. Schuld sind vor allem lange Lieferzeiten bei Vorprodukten und Rohstoffen.
- Rund 30 Prozent der Befragten müssen Aufträge deshalb sogar ablehnen; insbesondere der Handel ist betroffen.
- Auch erhöhte Energie- und Materialkosten führen immer häufiger dazu, dass Unternehmen Kundenaufträge absagen – sie lohnen sich schlicht nicht mehr.
Materialengpässe und Probleme in den Lieferketten hemmen die Post-Corona-Erholung des deutschen Mittelstands massiv. Das zeigt eine repräsentative Sonderumfrage der DZ BANK, in der 1.000 Geschäftsführer und Entscheider zur aktuellen wirtschaftlichen Verfassung ihres Unternehmens befragt worden sind. Zwar verzeichnen viele Unternehmen eine Nachfrage, die das Vorkrisenniveau übersteigt. In der Abarbeitung gibt es derzeit aber trotzdem große Probleme.
Zwei von drei Mittelständlern gaben demnach an, dass sie eingehende Aufträge derzeit nur mit einer Zeitverzögerung abarbeiten können. Leidtragende ist vor allem die Baubranche. Dort ächzen mittlerweile 83 Prozent der Befragten unter der stark gestiegenen Nachfrage nach Rohstoffen und anderen Vorprodukten, die derzeit oft nur mit langen Lieferzeiten verfügbar sind. Aber auch im Metall-, Automobil- und Maschinenbau (78 Prozent), in der Chemieindustrie (77 Prozent), in der Elektrobranche (75 Prozent) und im Handel (70 Prozent) führt knappes Material zu einer eher schleppenden Auftragsbearbeitung.
„Der Mittelstand befindet sich weiter im Ausnahmezustand. Zusammen mit dem Fachkräftemangel sind Materialsorgen und Preisdruck mittlerweile die größten Wachstumshürden“, sagt Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der DZ BANK. „Die neue Regierung täte gut daran, so bald wie möglich für Entlastungen zu sorgen. Das wichtigste ist, den Bürokratieabbau voranzutreiben, damit sich die Unternehmen voll auf die Stabilisierung ihrer Lieferketten konzentrieren können. Gelingt das nicht, hat Deutschland im internationalen Wettbewerb das Nachsehen.“
Unternehmen müssen Aufträge wegen fehlender Waren stornieren
Fast jedes dritte mittelständische Unternehmen sieht sich mittlerweile dazu gezwungen, Kundenaufträge durch die Lieferengpässe sogar ganz abzulehnen. Weitaus am stärksten betrifft das mittelständische Einzelhändler – also denjenigen Wirtschaftszweig, der unter den Lockdowns während der Pandemie ohnehin besonders gelitten hat. Fast jeder zweite muss dort Aufträge stornieren. Das ist für den Handel in der derzeitigen Lage besonders kritisch, da das für die Branche so wichtige Weihnachtsgeschäft ansteht und die Kaufbereitschaft der Menschen in den nächsten Wochen stark zunehmen dürfte.
Margen immer mehr unter Druck
Zudem führen die knapp verfügbaren Materialien und die hohen Energiekosten zu höheren Einkaufspreisen und Produktionskosten. Die Folge: Die Margen der Mittelständler geraten zunehmend unter Druck. Zwei von drei Unternehmen gaben an, dass die erhöhten Kosten das Geschäft stark belasten. Fast jeder Fünfte sagt derzeit bereits Aufträge wegen zu hoher Umsetzungskosten ab. „Es ist brandgefährlich, wenn sich das eigene Geschäft für den Mittelstand nicht mehr lohnt. Viele Unternehmen können sich nur noch durch eigene Preiserhöhungen aus dieser verzwickten Lage lösen“, mahnt Uwe Berghaus.
Dabei sollte sich der Mittelstand eigentlich über die gute Auftragslage freuen dürfen. Bei vier von zehn Unternehmen sind die eingehenden Aufträge derzeit längst wieder über Vorkrisenniveau. Vor allem die Elektroindustrie profitiert von seiner starken Nachfrage – mehr als die Hälfte dieser Unternehmen verzeichnen mehr Aufträge als vor der Pandemie.
Weitere informationen sowie die Studie zum Download finden Sie auf unserer Firmenkundenwebseite.
Über die Sonderumfrage
Die Daten für die Sonderumfrage wurden in der Zeit vom 6. September bis 7. Oktober 2021 über Telefon- und Onlineinterviews erhoben. An der repräsentativen Umfrage beteiligten sich 1.000 Inhaber und Geschäftsführer mittelständischer deutscher Unternehmen.