Förderstipendium: Kunststiftung DZ BANK zeigt Werke von Sophie Thun und Sara Cwynar
Die Kunststiftung DZ BANK vergibt alle zwei Jahre ein Projektstipendium an Künstlerinnen und Künstler, die sich mit fotografischen Ausdrucksformen auseinandersetzen. Vom 22. September 2021 bis 5. Februar 2022 zeigt die Stiftung die im Rahmen des Stipendiums 2019/2020 entstandenen Werke der Künstlerinnen Sophie Thun und Sara Cwynar in ihrem Ausstellungsraum in Frankfurt. Neben den Werken der Preisträgerinnen werden auch Arbeiten der drei Shortlist-Künstler Katarína Dubovská, Philipp Goldbach und Talisa Lallai zu sehen sein. Alle gezeigten Werke werden für die Kunstsammlung der DZ BANK erworben.
Sophie Thun (* 1985 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet in Wien) greift auf eine traditionsreiche kameralose Fotografie zurück, indem sie Schattenbilder in Form von Fotogrammen erzeugt. Dabei interessiert sie sich für Eingriffe in den fotografischen Prozess und bringt ihren eigenen Körper ins Spiel. Für ihre Arbeit »All Things in My Apartment Smaller Than 8 x 10“« hat sie sämtliche Gegenstände in ihrer Einzimmerwohnung fotografiert, die 1:1 auf Großformatnegative passen. Die Negative hat sie als Kontaktkopien ausbelichtet – und ist zugleich als Bildproduzentin körperlich in Erscheinung getreten, indem ihre Hände als weiße Leerstellen auf dem Fotopapier sichtbar werden. Entstanden ist ein intimes » Selbstporträt «, dessen finale Präsentationsform in der Ausstellung im Nebeneinander der Einzelbilder als Werkgruppe erstmals im Ganzen sichtbar wird.
Die Arbeiten von Sara Cwynar (* 1985, Vancouver, Kanada, lebt und arbeitet in Brooklyn, New York) gleichen auf den ersten Blick einem opulenten Bilderrausch, der sich in Form von Tableaus und Filmen präsentiert. Sie schichtet eigene und gefundene Bilder und Objekte so neben- und übereinander, dass sich beim Betrachten zunächst eine visuelle Überforderung einstellt, wie man sie aus dem digitalen Raum kennt. In ihrem künstlerischen Werk untersucht Sara Cwynar, wie Ideologien und Geschichte(n) über Bild-Ikonen, Kunstwerke und Gebrauchsgegenstände transportiert werden. Sie fragt, wie Nachrichten und Werbung, Kunst und Populärkultur bestimmte Weltbilder und Machverhältnisse vermitteln, und welche Sehnsüchte und Verhaltensweisen durch Bilder hervorgerufen werden. Sara Cwynars fotografische und filmische Collagen lassen sich bei genauerer Betrachtung als Kartografien der Vernetzung und Transformation von Bildern im digitalen Raum verstehen.
Ebenso ist Katarína Dubovskás künstlerische Arbeit als Strategie zur Bewältigung der auf uns einströmenden Bildermassen zu verstehen. Für ihre Installation »Intertwined Conditions« kehrt sie den Entwicklungsprozess gewissermaßen um, indem sie fotografische Aufnahmen in ihre Einzelteile zerlegt und in eine neue Form bringt. Das Ergebnis sind Farbbeutel und Pappmachékugeln und -bilder sowie kleine Filme, die den Prozess dokumentieren.
Auch Philipp Goldbach erfasst seine Kunstwerke, indem er gefundene Gegenstände verarbeitet und in neue Formen überführt. Aus 70.000 Kleinbild-Dias, die dem Institut für Archäologische Wissenschaft der Universität Bochum entstammen, entsteht eine Plastik für seine Werkgruppe »Lossless Compression«, die an digitale Pixelbilder oder QR-Codes erinnert. Auch wenn die einzelnen Motive der Dias nicht mehr zu erkennen sind, bleiben sie als historische Verweise im Kunstwerk gegenwärtig.
Für ihre Serie »Autosole« geht Talisa Lallai ihrer Sehnsucht nach Italien, dem Herkunftsland ihrer Eltern, nach. Auf ihrer Route von Mailand nach Kalabrien, fängt die Künstlerin idealisierte Visionen des Landes ein und erweitert diese um gefundene, private und öffentliche Bilder derselben Orte. Postkarten und Briefmarken transportieren sowohl eine touristische als auch ganz persönliche Perspektive der Künstlerin auf den „Süden“.
Für das Projektstipendium 2019/20 wurden rund 50 Arbeitsproben und Projektideen eingereicht, in denen sich die Künstlerinnen und Künstler im weitesten Sinne mit fotografischen Techniken und Materialien auseinandersetzen. Mit der einstimmigen Entscheidung für Sara Cwynar und Sophie Thun als Preisträgerinnen hat die siebenköpfige Jury zwei überzeugende Projektideen gekürt.
Verbunden mit den drei künstlerischen Positionen der Shortlist präsentiert die Ausstellung ganz unterschiedliche Zugriffe auf das Medium der Fotografie und zeigt damit einen repräsentativen Querschnitt gegenwärtiger künstlerischer Praktiken auf.
Zur Jury, die von Dr. Christina Leber, Geschäftsführerin der Kunststiftung DZ BANK und Leiterin der Kunstsammlung der DZ BANK, benannt wurde, gehörten Felix Hoffmann (Hauptkurator, C/O Berlin Foundation), Dr. Mario Kramer (Sammlungsleiter und Kurator, Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main), Alexandra Lechner (Freie Fotografin und Kuratorin, Frankfurt am Main, sowie in Vertretung Albrecht Haag), Christin Müller (Freie Kuratorin, Leipzig), Gertrud Peters (Künstlerische Leitung KIT - Kunst im Tunnel, Düsseldorf) und Dr. Kathrin Schönegg (Kuratorin, C/O Berlin Foundation).