Nullpunkt der Orientierung. Fotografie als Verortung im Raum
Die DZ BANK Kunstsammlung zeigt eine Ausstellung zu Raum, Skulptur und dritter Dimension der Fotografie
Die Ausstellung „Nullpunkt der Orientierung. Fotografie als Verortung im Raum“ zeigt vom 22. Februar bis 25. Mai 2019 rund 60 Arbeiten von 18 internationalen Künstlerinnen und Künstlern, in denen Dreidimensionalität eine zentrale Rolle spielt. Die Werkauswahl nimmt die Geschichte des räumlichen Sehens seit der Camera obscura sowie aktuelle Phänomene unserer Bildkultur zum Ausgangspunkt einer umfassenden Betrachtung des Räumlichen in der Fotografie.
Präsentiert werden Arbeiten von Alexandra Baumgartner, Jose Dávila, Jan Paul Evers, Christiane Feser, Alex Hartley, Raphael Hefti, Gottfried Jäger, Barbara Probst, Louise Lawler, Georges Rousse, Lorna Simpson, Susa Templin, James Welling und Bruno Zhu sowie eigens für die Ausstellung erworbene Werke von Miriam Böhm, Lilly Lulay, Stefanie Seufert und Shirana Shahbazi.
Die Exponate zeigen einen freien, teils bildhauerischen Umgang mit dem Material ebenso wie eine Weiterverarbeitung gefundener Bilder in individuellen Praktiken der zeitgenössischen Kunst. Klassische fotografische Bilder wird der Besucher in der Ausstellung dagegen vermissen. Fast alle Werke bewegen sich aus dem Bild heraus und hinein in den Ausstellungsraum – eine begehbare Installation, monumentale spiegelnde Platten und objekthafte Kästen, die aus der Wand herausragen.
Wie bei Skulpturen spielen Mehransichtigkeiten eine Rolle, Oberflächen, die den Tastsinn reizen, wie etwa der Filz in Lorna Simpsons (*1960 in New York City, USA) „The Fire Escape“, 1995, oder vollkommen abstrakte Gefüge von Flächen im bildlichen oder realen Raum wie in den Werken von Miriam Böhm (*1972 in München). Jan Paul Evers (*1982 in Köln) dienen hingegen selbst aufgenommene und gefundene Bilder als Ausgangsmaterial einer sowohl digitalen als auch analogen Weiterbearbeitung in der Dunkelkammer.
Susa Templin, Raphael Hefti, Louise Lawler und Barbara Probst spielen mit den Mechanismen der menschlichen Wahrnehmung von Raum und seiner fotografischen Übersetzung in die Fläche. Sie greifen in ihren Arbeiten einzelne Aspekte des fotografischen Apparats – wie die Verdichtung auf der Mattscheibe, Spiegelung, Perspektive und Maßstab – so auf, dass sie die Rahmenbedingungen des Sehens durch die Kamera und des damit verbundenen Blicks auf die Welt bewusst machen. In Susa Templins (*1965 in Hamburg) Installation „Totale Wohnung“, 2011–2013, verknüpft sich dies mit Zeit- und Raumerfahrungen in gegenwärtigen Wohnsituationen. Barbara Probst (*1964 in München) bringt in „Through the looking glass“, 1995, über die dritte Dimension hinaus auch die vierte Dimension Zeit in der Fotografie ins Spiel.
Die Arbeit von Georges Rousse (*1947 in Paris, Frankreich), die Irritation und Augentäuschung im Zusammenspiel von Fotografie und dritter Dimension vorführt, sowie die still-poetische Videoarbeit „Istanbul up and down“ von Lilly Lulay (*1985 in Frankfurt) lassen den Betrachter in die Tiefen des Bildes hineingleiten.
Im Gegensatz dazu öffnen sich zahlreiche Werke eher in den Ausstellungsraum oder ragen sogar plastisch in ihn hinein. Gottfried Jägers (*1937 in Burg) Collagen abfotografierter Bilder und belichteter Papiere irritieren die Wahrnehmung und konterkarieren unser natürliches Raumverständnis. Ähnliches passiert in den Arbeiten von Christiane Feser (*1977 in Würzburg), die das belichtete Papier als bildhauerisches Material auffasst und plastisch-reliefartige Gebilde herstellt, in denen sich nur schwer unterscheiden lässt, welche Schatten real sind und welche nur im Bild erscheinen.
Mitten im Ausstellungsraum steht der Betrachter den skulpturalen Objekten von Stefanie Seufert (*1969 in Göttingen) gegenüber, in denen die in der Dunkelkammer entstandenen immateriellen, rein optischen Lichträume zu körperlicher Präsenz gelangen.
In Alexandra Baumgartners (*1973 in Salzburg, Österreich) „The Coat“ und „Symbiosis“, 2016, greift etwas Unheimliches durch die räumliche Verschränkung von Wand und Boden, Bild und Objekt auf den Ausstellungsraum über.
Immer wieder streifen die Werke die Geschichte des Raumes, der Plastizität und auch der Skulptur in der Fotografie. So greifen Alexandra Baumgartners „The Coat“ und James Wellings (*1951 in Hartford, Connecticut, USA) Aufnahme „XLVII (42)“, 1988, das Motiv des Faltenwurfs auf, das als stilprägend für die Skulpturen des Mittelalters und der Renaissance gilt.
Zudem findet Jose Dávila (*1974 in Guadalajara, Mexiko) in „Fully Connected Network“, 2013, mit seinen Zitaten plastischer Kunstwerke eine unkonventionelle Antwort auf die Frage, wie Fotografie Skulptur aufnehmen soll – eine Frage, die schon seit der Erfindung des Mediums Mitte des 19. Jahrhunderts in theoretischen Texten diskutiert wird.
Dass die Fähigkeit der Fotografie, Oberflächen und Materialien möglichst illusionistisch wiederzugeben, auch für die heutige Bildkultur eine Rolle spielt, zeigt sich an den Skulpturen Bruno Zhus (*1991 in Porto, Portugal). Er führt auf spielerische Weise die Oberflächlichkeit der heutigen Konsumwelt vor, in der Objekte uns entmaterialisiert begegnen und Kaufentscheidungen auf Basis fotografischer Abbildungen getroffen werden.
Shirana Shahbazis (*1974 in Teheran, Iran) eigens für die Ausstellung entworfene Wandinstallation reflektiert die Wahrnehmungsmechanismen im gesellschaftlichen Gefüge einer globalisierten Welt mit ihren Traditionen, Zeichen und Symbolen. Die Arbeit macht im Hinblick auf das fotografische Bild spürbar, wie sehr der Kontext und der Ort der Rezeption sowie die Erfahrung des Betrachters das bestimmen, was gesehen wird.
Der Ausstellungstitel bezieht sich auf ein Zitat des Philosophen Edmund Husserl. Demnach markiere der „Nullpunkt unserer Orientierung“ eine Art Ur-Koordinate für sämtliche Ausrichtungen und Bewegungen, von denen aus wir unsere Umgebung wahrnehmen.
NULLPUNKT DER ORIENTIERUNG.
FOTOGRAFIE ALS VERORTUNG IM RAUM
22. Februar – 25. Mai 2019
ART FOYER der DZ BANK
Pressevorbesichtigung: Mittwoch, 20. Februar 2019 um 11 Uhr
mit Dr. Christina Leber, Leiterin der DZ BANK Kunstsammlung
Eröffnung: Donnerstag, 21. Februar 2019 um 19 Uhr
Begrüßung: Michael Speth, Mitglied des Vorstands der DZ BANK AG
Einführung: Dr. Christina Leber, Leiterin der DZ BANK Kunstsammlung
Ansprechpartner
(Frau) Uli Kuhn, DZ BANK Presseteam
Tel: 0178 / 322 01 82
E-Mail: uli.kuhn@ukuhn-consulting.de
Tel: 069 / 7447-6561
E-Mail: presse@dzbank.de
DZ BANK Kunstsammlung
Im ART FOYER zeigt die DZ BANK Kunstsammlung in Frankfurt am Main auf rund 300 qm Ausstellungsfläche drei bis vier wechselnde Ausstellungen im Jahr. Die Sammlung des Spitzeninstituts der Volksbanken Raiffeisenbanken umfasst mehr als 7500 Werke von rund 800 Künstlerinnen und Künstlern und widmet sich dem fotografischen Bild in der internationalen zeitgenössischen Kunst.
Weitere Informationen unter www.dzbank-kunstsammlung.de
DZ BANK Kunstsammlung - ART FOYER
Platz der Republik, 60325 Frankfurt/Main
Öffentlicher Zugang: Friedrich-Ebert-Anlage / Cityhaus I
Öffentliches Parkhaus „Westend“
Öffnungszeiten
Dienstag bis Samstag 11.00 bis 19.00 Uhr
Öffentliche Führungen
Donnerstags um 18 Uhr, an jedem letzten Freitag im Monat um 17.30 Uhr
Kuratorenführung
Donnerstag, 4. April 2019 um 18 Uhr mit Dr. Christina Leber
Offene Kinderworkshops
Neben der Möglichkeit, Workshops für eine Gruppe zu buchen, werden pro Ausstellung je drei offene Kinderworkshops ohne Altersbegrenzung angeboten. Interessenten können alleine oder in Kleingruppen teilnehmen und sich durch eigene künstlerische Praxis den Themen der Ausstellung annähern. Eltern sind ebenso willkommen.
Samstag, 2. März 2019, 15.30 bis 17.30 Uhr
Samstag, 13. April 2019, 15.30 bis 17.30 Uhr
Samstag, 11. Mai 2019, 15.30 bis 17.30 Uhr
Um Anmeldung wird gebeten unter Telefon: +49 069 7447-42095 oder E-Mail: kunst@dzbank.de
Fortbildung für Lehrende
Zu jeder Ausstellung in der DZ BANK Kunstsammlung im ART FOYER gibt es eine Fortbildung für Lehrende. Diese besteht aus einer einstündigen Führung sowie der Vorstellung der angebotenen Workshops.
Nächster Termin: Mittwoch, 27. Februar 2019, 16.30 Uhr
Um Anmeldung wird gebeten unter Telefon: +49 069 7447-42095 oder E-Mail: kunst@dzbank.de
Sonderführungen
Ab einer Gruppengröße von 8 Personen können Führungen auf Anfrage gebucht werden. Dies gilt für Erwachsene wie für Kinder und Jugendliche ab der Grundschule.
Dauer: 30 min/60 min/90 min
Kinderquiz zur Ausstellung
Spannende und lustige Fragen zur Ausstellung werden im Kinderquiz gestellt, das kostenfrei im ART FOYER ausliegt und junge Besucherinnen und Besucher nach Art einer Schnitzeljagd durch die Ausstellung führt.
Bruno Zhu, White Table with Cake and Tea, 2015 aus der Serie: Table Works