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Kunst
2017
21.09.2017

[AN-]SICHTEN: Vom Umgang mit der Wirklichkeit

Die von Thomas Rietschel kuratierte Ausstellung aus Werken der DZ BANK Kunstsammlung zeigt das Spannungsfeld zwischen Wirklichkeit und scheinbarer Realität

28 Arbeiten von dreizehn internationalen Künstlern, welche die Wahrnehmung gleich in mehrfacher Hinsicht infrage stellen, sind in der Ausstellung „[AN-]SICHTEN: Vom Umgang mit der Wirklichkeit“ vom 29. September 2017 bis 6. Januar 2018 im ART FOYER zu sehen.

Das Ausstellungsformat [AN-]SICHTEN wird von einem Gastkurator aus einem anderen Kulturbereich gestaltet. In diesem Jahr wurde Thomas Rietschel, ehemaliger Präsident der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt, eingeladen, eine Ausstellung aus der DZ BANK Kunstsammlung zu kuratieren. Thomas Rietschel hat Fotografien der Sammlung ausgewählt, die auf unterschiedliche Weise das Spannungsfeld aufzeigen zwischen einer vermeintlich objektiven Wirklichkeit und dem, was sie als scheinbare Realität darstellen. Ein Thema, das durch die gesellschaftspolitische Diskussion um „Fake News“ gerade einen aktuellen Bezug erhält.

Vertreten sind Fotoarbeiten aus der Sammlung von Gregory Crewdson, Thomas Demand, Valie Export, Joan Fontcuberta, Anton Henning, David Hockney, Barbara Klemm, Rosemary Laing, Louise Lawler, Ville Lenkkeri und Helen Sear sowie Neuerwerbungen von Barbara Probst und Michael Schäfer.

Thomas Rietschel empfiehlt, die Ausstellung als kleine Übung im vielfältigen Umgang mit der Wirklichkeit zu sehen und stellt die Arbeit „Exposure #56, NYC, 428 Broome Street, 06.05.08, 1:42 p.m.“ von Barbara Probst (*1964 in München) ins Zentrum. Darin zeigt die Künstlerin eine Szene, die zur selben Zeit von zehn im Raum verteilten Kameras aus zehn Perspektiven fiktiver Zeugen fotografiert wurde. Alle nehmen einen anderen Ausschnitt derselben Szene auf. Doch statt einen umfassenden Eindruck der Realität zu erhalten, entfernt sich damit der Betrachter von der einen Wirklichkeit.

Pressefotografien sind der Versuch, eine größtmögliche Annäherung an die Realität zu schaffen und sollen Zeitgeschehen dokumentarisch abbilden. Barbara Klemm (*1939 in Münster) war von 1970 bis 2005 Redaktionsfotografin der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Ihr gelingt es, Bilder entstehen zu lassen, die als Schlüsselmomente der Geschichte gelten und sich ins kollektive Bildgedächtnis einprägen.

Auch Thomas Demand (*1964 in München), der 1997/98 Stipendiat der DZ BANK Kunstsammlung war, hat einen Bezug zur Pressefotografie: Er baut berühmte Tatort- und Pressefotografien detailgetreu aus Papier nach, um sie dann zu fotografieren. Die Arbeit „Büro“ bezieht sich auf ein Zeitungfoto vom 15. Januar 1990, als Bürger der liquidierten DDR das Hauptquartier der Staatssicherheit in Berlin stürmen. Überall im Büro liegen durchwühlte Akten und Blätter, die im Nachbau bei Demand jedoch unbeschrieben sind.

Das Bildmaterial aus dem Internet, das Michael Schäfer (*1964 in Sigmaringen) als Ausgangsbasis dient, stammt oft vom Portal „LiveLeak – Redefining the Media“, das Videos von Betroffenen und Zeugen eines Geschehens zeigt. Die zumeist aus Kriegsregionen stammenden Bilder bearbeitet er nach und überschneidet sie mit subjektiven Alltagssituationen. Als derart umdefinierte Vorlagen schleust er sie erneut in die Bilderflut ein.

Ville Lenkkeri (*1972 in Oulu, Finnland) beschäftigt sich mit der Tatsache, dass der Mensch Gefallen daran hat, sich auf unterschiedliche Weise selbst Realität vorzuspielen. In den simulierten Wirklichkeiten, die er beispielsweise in Dioramen in Naturkundemuseen oder Wachsfiguren­kabinetten fotografiert, verstärkt die Anwesenheit einer Person das raffinierte Spiel zwischen Realität und Fiktion.

Die großformatigen Fotoarbeiten des amerikanischen Künstlers Gregory Crewdson (*1962 in Brooklyn, USA) werden oft als unheimlich, mysteriös und fantastisch beschrieben. Der Künstler betont immer wieder, dass seine Bilder von einer Psychologie beeinflusst sind, die auf Sigmund Freuds Aufsatz „Das Unheimliche“ (1919) zurückgeht. In seinen aufwendigen Inszenierungen, die wie Filmstandbilder wirken, ist kein Detail zufällig, keine Pose und Geste unbeabsichtigt.

Louise Lawler (* 1947 in Bronxville, New York, USA) zeichnet in ihrer Arbeit „Add To It (E)“ die Entwicklungen und Wechselwirkungen zwischen Fotografie und Malerei nach. Durch das Ablichten von Kunstwerken unter Einbeziehung des Ortes thematisiert Lawler die Wahrnehmung von Kunstwerken. Auf der ersten Ebene fotografierte sie die Hängung einer eigenen Arbeit in einer Ausstellung 2003 im Portikus Frankfurt. Auf dieser Fotografie ist Gerhard Richters „Ema – Akt auf einer Treppe“ von 1966 auf dem Boden gegen die Wand gelehnt im New Yorker MoMA zu sehen. Richter wiederum wurde zu seinem Bild durch Marcel Duchamps Malerei „Akt, eine Treppe herabsteigend Nr.2“ aus dem Jahre 1912 inspiriert. Und Duchamp bezieht sich auf Eadweard Muybridges Serienfotografie „Woman Walking Downstairs“ von 1887.

Ähnlich wie Lawler stellt auch David Hockney (*1937 in Bradford, England) Malerei und Fotografie einander gegenüber. Er präsentiert auf seiner Fotografie eine Vase mit Blumen neben einem Gemälde, welches nahezu exakt dasselbe Motiv wiedergibt.


[AN-]SICHTEN
Vom Umgang mit der Wirklichkeit
29. September 2017 – 6. Januar 2018

ART FOYER der DZ BANK


Pressevorbesichtigung: Mittwoch, 27. September um 11 Uhr mit Dr. Christina Leber, Leiterin der DZ BANK Kunstsammlung, und dem Gastkurator Thomas Rietschel sowie den Künstlern Barbara Klemm und Michael Schäfer

Gerne stehen danach die Künstler für Interviews zur Verfügung.


Eröffnung:        Donnerstag, 28. September um 19 Uhr
Begrüßung:      Dr. Cornelius Riese, Vorstandsmitglied der DZ BANK AG
Einführung:      Dr. Christina Leber, Leiterin der DZ BANK Kunstsammlung
                           Gastkurator Thomas Rietschel, ehemaliger Präsident der Hochschule
                           für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main


Am Donnerstag, 16. November um 18 Uhr findet im ART FOYER nach einem Impulsvortrag von Thomas Rietschel eine Podiumsdiskussion unter dem Titel "Vom Umgang mit der Wirklichkeit" statt. Das Gespräch mit Gregor Ade (Brand Consulting), Gerhart Baum (Politiker), Barbara Klemm (Künstlerin) und Michael Schäfer (Künstler) moderiert Felix Hoffmann, Kunsthistoriker und Hauptkurator C/O Berlin Foundation.


Kuratorenführungen:
Dienstag, 31. Oktober um 15.00 Uhr mit Thomas Rietschel
Freitag, 24. November um 17.30 Uhr mit Dr. Christina Leber, Leiterin der DZ BANK Kunstsammlung
Donnerstag, 21. Dezember um 19.00 Uhr mit Thomas Rietschel


Ansprechpartner:
(Frau) Uli Kuhn, DZ BANK Presseteam
Tel: 0178 / 322 01 82
E-Mail: uli.kuhn@ukuhn-consulting.de

Tel: 069 / 7447-6561
E-Mail: presse@dzbank.de


DZ BANK Kunstsammlung

Im ART FOYER zeigt die DZ BANK Kunstsammlung in Frankfurt am Main auf rund 300 qm Ausstellungsfläche drei bis vier wechselnde Ausstellungen im Jahr. Die Sammlung des Spitzeninstituts der Volksbanken Raiffeisenbanken umfasst mehr als 7500 Werke von rund 800 Künstlern und widmet sich dem fotografischen Bild in der internationalen, zeitgenössischen Kunst.

Weitere Informationen unter www.dzbank-kunstsammlung.de


DZ BANK Kunstsammlung - ART FOYER
Platz der Republik, 60325 Frankfurt/Main
Öffentlicher Zugang: Friedrich-Ebert-Anlage / Cityhaus I
Öffentliches Parkhaus „Westend“

Öffnungszeiten:
Di, Mi, Fr, Sa: 11.00 bis 19.00 Uhr
Do: 11.00 bis 20.00 Uhr

Öffentliche Führungen:
NEU: An jedem Donnerstag um 19.00 Uhr.
Jeden letzten Freitag im Monat um 17.30 Uhr.
Die Teilnahme ist kostenfrei, um Anmeldung wird gebeten.
Telefon: +49 69 7447-42095 oder E-Mail: kunst@dzbank.de


WORKSHOPS zur Ausstellung:
Durch ihre eigene praktische Arbeit können Schülerinnen und Schüler das Gesehene und Gehörte der Führung vertiefen. Die Themen der kostenfreien Workshops sind: „Kunstwerke weiterdenken“, „Modell vs. Wirklichkeit“ und „Viel-Perspektivität oder wer sieht was?“.
Eine Einführung in die Ausstellung und Vorstellung der Workshops für Lehrerinnen und Lehrer findet am 26. Oktober um 15.00 Uhr statt.


KINDERQUIZ zur Ausstellung:
Lustige und spannende Fragen zur Ausstellung werden im neuen Kinderquiz gestellt. Dieses liegt kostenfrei im ART FOYER aus und kann im Sinne einer Schnitzeljagd durch die Ausstellung führen.

Thomas Demand: Büro, 1995/2007