Sonderbefragung: Mittelstand sieht Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr – jedes dritte Unternehmen will umstrukturieren
- Für rund 80 Prozent der Mittelständler hat der Standort Deutschland an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Das liegt vor allem an teurer Energie.
- Als Reaktion darauf wollen sich 36 Prozent der Firmen kurzfristig umstrukturieren, deutlich mehr als vor einem Jahr (25 Prozent), knapp ein Drittel richtet Produktion oder Geschäftsbetrieb neu aus.
- Firmenkundenvorstand Uwe Berghaus: „Strompreispaket kommt keinen Tag zu früh.“
Deutschlands Mittelstand – das Rückgrat der hiesigen Wirtschaft – sieht die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts in Gefahr. Die Folge: Mehr als ein Drittel der Unternehmen strebt eine kurzfristige Umstrukturierung an. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung unter mittelständischen Geschäftsführern und Entscheidern im Herbst 2023.
Der zentrale Grund für die zunehmende Standortschwäche sind die hohen Energiepreise. 81 Prozent der Unternehmen sind der Meinung, dass Deutschland im internationalen Vergleich entscheidend zurückgeworfen wurde. Im Ernährungsgewerbe sehen sogar 9 von 10 Firmen die Wettbewerbsfähigkeit des Landes schwinden. Doch auch alle anderen Branchenzweige sehen schwarz. Der Handel und die Elektrobranche schätzen den Rückgang an Wettbewerbsfähigkeit mit 78 bzw. 76 Prozent im Branchenvergleich noch am wenigsten kritisch ein. Rund die Hälfte der Mittelständler ist sogar der Auffassung, dass Deutschland der kranke Mann Europas geworden ist. Unter den ostdeutschen Bundesländern stimmen dieser These sogar 55 Prozent zu – eine ernüchternde Anamnese für den Standort.
„Vor diesem Hintergrund kommt das Strompreispaket der Bundesregierung keinen Tag zu früh“, sagt Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der DZ BANK. „Die Absenkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe ist zwar gut für den Standort Deutschland. Noch besser wäre es jedoch gewesen, die Abgabe für alle Unternehmen zu senken. Zur Wahrheit gehört außerdem, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit nur dann substanziell erhöhen, wenn der Staat endlich mehr Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien macht und die Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfacht.“
Interessanterweise glaubt nur knapp jeder vierte Mittelständler, das eigene Unternehmen habe an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Vor allem die krisengeplagte Baubranche blickt weiterhin einigermaßen optimistisch auf die eigene Firma – nur 17 Prozent beobachten einen Wettbewerbsverlust –, im Handel sind es sogar nur 16 Prozent. Die energieintensive Chemieindustrie (31 Prozent) und der Metall-, Automobil- und Maschinenbau (27 Prozent) zeigen sich deutlich pessimistischer mit Blick auf das eigene Unternehmen.
Umstrukturierung und Neuausrichtung: Der Mittelstand reagiert mit Flexibilität
Um sich an die neue Realität anzupassen, strukturieren sich viele Unternehmen kurzfristig um. 36 Prozent gaben an, auf diesem Wege auf hohe Energiekosten, Konjunkturschwäche und Margendruck reagieren zu wollen – das sind deutlich mehr als noch vor einem Jahr, als das trotz der drohenden Energiekrise nur ein Viertel der Befragten in Erwägung gezogen hat. Eine Neuausrichtung der Produktion oder des Geschäftsbetriebs kommt für fast jeden dritten Mittelständler in Frage – im Ernährungsgewerbe sogar für jeden Zweiten. Branchenübergreifend stand eine Neuausrichtung vor einem Jahr nur für 17 Prozent der Firmen zur Debatte.
„Ein Grund dafür, dass der Mittelstand bislang besser durch die zurückliegenden Krisenjahre gekommen ist als die Gesamtwirtschaft, ist seine Wandlungsfähigkeit“, sagt Uwe Berghaus. „In vielen mittelständischen Unternehmen lassen sich die Strukturen flexibler adaptieren. Das kann eine Chance für die Unternehmen sein, gestärkt aus dieser herausfordernden Zeit hervorzugehen.“
Mittelständler lehnen subventionierten Industriestrompreis ab
Über das Aus des jüngst noch im Raum stehenden Industriestrompreises dürfte sich der Mittelstand freuen. Dieser viel diskutierte Vorschlag zur Subventionierung des Strompreises für die Industrie war in dieser Umfrage von 71 % der mittelständischen Unternehmen abgelehnt worden.
Die Studie können Sie hier downloaden. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Firmenkundenwebsite.
Über die Sonderumfrage
Die Daten für die Sonderumfrage wurden in der Zeit vom 13. September bis 20. Oktober 2023 über Telefon- und Onlineinterviews erhoben. An der repräsentativen Umfrage beteiligten sich mehr als 1.000 Inhaber und Geschäftsführer mittelständischer deutscher Unternehmen.