05.01.2025

China im Wandel: Einblicke aus unserer Filiale in Hongkong

China erlebt wirtschaftlich, kulturell und technologisch große Umbrüche. Im Gespräch mit unseren Kolleginnen aus Hongkong werfen wir einen Blick auf diese Dynamik. Joyce Xu, die ursprünglich vom chinesischen Festland stammt und Mandarin spricht, und die gebürtige Hongkongerin Suki Chan, beide im Exportfinanzierungsgeschäft aktiv, teilen ihre Eindrücke aus einer Region im stetigen Wandel. Ihre unterschiedlichen Perspektiven spiegeln dabei die neue Realität in Hongkong wider, wo seit 2019 das Zusammenwachsen verschiedener chinesischer Kulturkreise eine zentrale Rolle spielt. Unser Filialleiter Johannes Hack gibt außerdem einen persönlichen Einblick in seinen Alltag in der Metropole.

Joyce Xu

Wirtschaftlicher Wandel und neue Konsumgewohnheiten

„Seit der Pandemie erholt sich die chinesische Wirtschaft nur langsam,“ berichtet Joyce Xu. „Auch wenn das Wachstumsziel von 5 Prozent für 2024 erreichbar scheint, sind viele besorgt über eine mögliche langfristige Stagnation.“ Die Veränderungen in der Kaufkraft der chinesischen Bevölkerung seien spürbar, fügt sie hinzu. „Wir sprechen hier von einem ‚Konsum-Downgrading‘ – die Menschen entscheiden sich vermehrt für einheimische, günstigere Marken, und globale Luxusmarken verlieren an Boden. Dieser Trend zeigt sich branchenübergreifend und wird wohl anhalten, da die Aussichten für Beschäftigung und Einkommen weiterhin eher gedämpft sind.“ Die chinesischen Verbraucher haben ihre Kaufgewohnheiten stark verändert. „Am deutlichsten wird das bei der jüngeren Generation, die Lifestyle und Gesundheit für sich entdeckt hat“. Wandern und Laufen werden immer beliebter. Der Trend hin zu einem gesünderen Lebensstil ist auch in Hongkong angekommen.

Suki Chan

Abhängigkeit vs. Wachstumschancen

Deutschland bleibt Chinas wichtigster Handelspartner in Europa. Gleichzeitig verschlechtern sich die Beziehungen zwischen China und den USA unter Trump weiter. Zudem wollen Deutschland und Europa die übermäßige Abhängigkeit von China reduzieren, insbesondere bei der Beschaffung von Rohstoffen und billigen Waren. „Viele Unternehmen verstehen diesen Ansatz, befolgen ihn aber nicht“, sagt Suki und verweist auf das jährliche Wachstum der deutschen Direktinvestitionen in China, das bei 4,3 Prozent liegt (2023: 11,9 Mrd. Euro). „Alle wollen vom chinesischen Wachstum profitieren, etwa bei der steigenden Nachfrage nach ‚grüner Energie‘ und umweltfreundlichen Finanzierungen, was zugleich neue Möglichkeiten für deutsch-chinesische Partnerschaften eröffnet.“

Technologische Innovationen und Nachhaltigkeit im Fokus

„Es ist beeindruckend, wie viel in High-End-Fertigung und den Technologiesektor investiert wird,“ sagt Joyce. China hat sich in den letzten Jahren stark auf fortschrittliche Technologien und nachhaltige Energien konzentriert. „Der ‚Made in China‘-Plan der Regierung, der auf High-Tech-Industrien setzt, zeigt deutliche Erfolge. Gleichzeitig bringt der Druck durch Sanktionen gegen chinesische Unternehmen Innovationschancen für die Forschung und Entwicklung mit sich.“

Suki fügt hinzu, dass sich China auch im Bereich der nachhaltigen Investitionen hervorhebt. „Ein Drittel der weltweiten nachhaltigen Investitionen entfallen auf China, was ein starkes Zeichen ist.“ Allerdings stellt die Dekarbonisierung eine Herausforderung dar – vor allem angesichts des schnellen Wirtschaftswachstums und der emissionsintensiven Sektoren. „Dennoch sehen wir in der Region großes Potenzial für ausländische Investitionen in grüne Energie und Technologie.“

Ein weiteres wichtiges Ziel Chinas ist die Internationalisierung des Renminbi, ein Prozess, der zu einer Aufwertung des Finanzplatzes Hongkong als wichtigstem Offshore Remimbi Handelsplatz geführt hat. Für Suki ist das ein weiterer Schlüssel für mehr Wachstum: „Die Kombination dieser beiden Faktoren bietet große Chancen für mehr ausländische Investitionen in China, wobei die Sektoren Technologie und grüne Energie am vielversprechendsten erscheinen.“

Johannes Hack

Alte Kulissen, neue Dynamik: Hongkong im Umbruch

Auf den ersten Blick scheint sich in Hongkong im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie wenig geändert zu haben: Kreuzfahrtschiffe mit westlichen Touristen laufen wieder regelmäßig im Hafen ein und vor der „Peak Tram“ bilden sich lange Schlangen. Auch die Masken, die einst allgegenwärtig waren, sind fast vollständig aus dem Stadtbild verschwunden.
Doch unter dieser vertrauten Oberfläche vollzieht sich ein tiefgreifender Wandel: In den Straßen und Büros ist zunehmend Mandarin (das Chinesisch des Festlands) zu hören, und in den Supermärkten finden sich vermehrt Produkte von dort. Die Integration Hongkongs in das „Mutterland“ hat gerade erst begonnen - ein Prozess, der die Metropole noch lange beschäftigen wird.

Aus Kostengründen zieht es viele Hongkonger bereits jetzt auf das chinesische Festland. „Wenn ich etwas unternehmen und gleichzeitig gut sowie günstiger essen möchte, ist das Festland eine attraktive Option. Die Lebenshaltungskosten sind dort deutlich niedriger, und das kulturelle Angebot beeindruckend“, sagt Johannes.

Hongkong als Brücke nach China

China und seine Wirtschaft entwickeln sich weiterhin dynamisch, wobei technologische Innovationen und Nachhaltigkeitsziele zunehmend an Bedeutung gewinnen. Johannes Hack sieht hierin eine wichtige Grundlage für die Arbeit der Filiale Hongkong: „Hongkong bleibt eine zentrale Schnittstelle, um diese Entwicklungen zu beobachten und zu begleiten. Durch die Nähe zu China und den engen Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen in Deutschland können wir unsere deutschen Firmenkunden auch in Zukunft optimal und direkt am Puls des Geschehens unterstützen.“