Trotz Zinswende: Hohe Inflation sorgt für 395 Milliarden Euro Kaufkraftverlust beim Geldvermögen
Der Wertverlust auf das verzinsliche Geldvermögen der deutschen Privathaushalte in Höhe von 5,7 Billionen Euro beträgt in diesem Jahr voraussichtlich 395 Milliarden Euro – so das Ergebnis einer Studie des DZ BANK Research, die zur Weltsparwoche 2022 veröffentlicht wurde. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung sind das über 4.700 Euro pro Kopf. Laut Michael Stappel, Leiter Makroökonomik und Autor der Studie, liegt das an der extrem hohen Inflation. Nach seinen Berechnungen gibt es einen negativen Durchschnitts-Realzins in Höhe von minus 6,9 Prozent – das ist ein neuer Negativrekord und 4,4 Prozentpunkte tiefer als der letztjährige Wert. Insgesamt beträgt das Geldvermögen der Haushalte 7,7 Billionen Euro.
„Insbesondere Anleihen werfen zunehmend wieder mehr Rendite ab. Die historisch hohe Inflation, die in diesem Jahr bei über acht Prozent liegen wird, relativiert den Zinsanstieg jedoch. Sparer müssen sich somit weiterhin proaktiv um ihr Vermögen kümmern und sollten für Anlagealternativen mit etwas mehr Risiko offen sein“, so Stappel.
Heftige Kursverluste aber kein Ende der neuen Aktienkultur in Deutschland
Gab es 2021 für die privaten Haushalte in Deutschland beim Geldvermögen noch einen Wertzuwachs in Höhe von 130 Milliarden Euro durch Aktien und Fonds, sah das in diesem Jahr bisher anders aus. Allein der Dax brach 2022 von über 16.000 auf zwischenzeitlich unter 12.000 Zähler ein. Die Kurseinbußen bei Wertpapieren und Fonds bewirkten im ersten Halbjahr deshalb einen Wertverlust von knapp 300 Milliarden Euro.
„Trotz des in diesem Jahr schwierigen Aktienmarktumfelds mit teilweise heftigen Kursturbulenzen reagierten Anleger hierzulande eher besonnen. Panikverkäufe blieben weitgehend aus und viele Deutsche nutzten das niedrigere Kursniveau sogar für Zukäufe“, erklärt Stappel und betont, dass die Vermögensbildung in Aktien auch in diesem Jahr das Niveau von vor der Pandemie deutlich übertrifft.
Energiekrise und Rezession verstärken Geldanlagestau
Der Aktienboom und die hohe Inflation ändern aber nichts daran, dass Bankeinlagen hierzulande als Anlageform weiter dominieren. Mit über 3,1 Billionen Euro machen Einlagen und Bargeld mehr als 40 Prozent des Geldvermögens der privaten Haushalte aus. Laut Michael Stappel dürfte sich daran auch kurzfristig nicht viel ändern, da eine große Anzahl der Verbraucher aufgrund des aktuell schwierigen wirtschaftlichen Umfelds stark verunsichert ist und mehr Geld auf dem Girokonto parkt. Immerhin sind die meisten privaten Haushalte laut Studie des Experten trotz der hohen Teuerungsrate derzeit in der Lage Geld zur Seite zu legen.
„Die Sparquote in den ersten beiden Quartalen lag mit 14,3 und 10,1 Prozent genauso hoch, wie in der ersten Jahreshälfte 2019. Aufgrund der jüngst massiv eingebrochenen Konsumentenstimmung dürfte die Quote in den Schlussquartalen steigen und damit zwar unter der Rekordsparquote der Corona-Zeit, aber höher als vor der Pandemie liegen“, so Michael Stappel.
Mit Blick auf das kommende Jahr rechnet Stappel damit, dass das private Geldvermögen bei freundlicherer Stimmung an den Aktienmärkten wieder schneller wachsen dürfte. Für den langfristigen Vermögensaufbau seien die Wertpapiere trotz Schwankungsanfälligkeit ein essenzieller Baustein.