19.08.2022

Sonderbefragung: Mittelstand plant Digitalisierungsoffensive trotz angespannter Konjunktur

  • Mehr als jeder zweite Mittelständler will in den nächsten Monaten mehr in Digitalisierung, neue Technologien und Künstliche Intelligenz investieren.
  • Aber mehr als jedem Fünften fehlt das Personal, um Innovationen stärker voranzutreiben.
  • Daher steckt jedes dritte Unternehmen Geld in die Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter, um bei Innovationen am Ball zu bleiben.
  • Stephan Ortolf, Leiter Firmenkundenzentralbereich der DZ BANK: „Wenn Prozesse automatisiert werden, haben Mitarbeiter mehr Zeit für andere Aufgaben.“

Der deutsche Mittelstand hat weiterhin großen Appetit auf Innovationen. Das zeigt eine repräsentative Umfrage der DZ BANK unter mehr als 1.000 Geschäftsführern und Entscheidern zum Einfluss der konjunkturellen Lage auf das Innovationsmanagement der Unternehmen. Die Ergebnisse zeigen: Obwohl die Belastungen für die meisten Mittelständler durch eine historisch hohe Inflation, geschädigte Lieferketten und die unsichere geopolitische Lage enorm hoch sind, scheuen sie sich nicht, die Ausgaben hochzufahren, um Innovationen voranzutreiben.

Im Gegenteil: Der Befragung zufolge planen 57 Prozent der Mittelständler, in den nächsten Monaten mehr in Digitalisierung, neue Technologien und Künstliche Intelligenz zu investieren, um innovativer zu werden. Das sind mehr Unternehmen als im vergangenen Herbst, als 49 Prozent der Befragten ihre Ausgaben erhöhen wollten – und deutlich mehr als im Herbst 2020 (37 Prozent). Auffällig ist, dass die Investitionsbereitschaft spürbar mit der Unternehmensgröße steigt. Während bei den kleineren Unternehmen mit einem Umsatz unter 5 Millionen Euro knapp jeder Zweite in Digitalisierung und Co. investieren will, planen dies unter denjenigen ab 50 Millionen Euro Umsatz stolze 70 Prozent.

„Die Firmen haben erkannt, dass eine gelungene Digitalisierung nicht nur neues Geschäftspotenzial freisetzt, sondern auch effizienteres Wirtschaften ermöglicht – und damit sparen sie in diesen Zeiten wertvolles Kapital“, sagt Stephan Ortolf, Leiter des Firmenkundenzentralbereichs der DZ BANK. „Für viele Unternehmen sind Kosteneinsparungen das Gebot der Stunde, um stark gestiegene Einkaufspreise und hohe Energiekosten zu stemmen. Wenn dann zum Beispiel die Datenaufbereitung automatisiert wird, entlastet dies Mitarbeiter und sie haben mehr Zeit für andere Aufgaben.“

Dämpfer für Internationalisierungspläne des Mittelstands

Die Erschließung neuer Märkte, die zuletzt im Trend lag, hat seit dem Krieg in der Ukraine an Bedeutung verloren. 8 Prozent der Unternehmen wollen ihre Ausgaben in diesem Feld herunterfahren. Größere Mittelständler ab einem Umsatz von 50 Millionen Euro halten tendenziell am ehesten an den neuen Märkten fest, ebenso wie Mittelständler aus der Agrarbranche. Die Chemie- und die Ernährungsindustrie, beide besonders stark von der Energieknappheit betroffen, halten sich dagegen deutlich zurück. Damit bekommt der Internationalisierungs- und Globalisierungsantritt im Mittelstand insgesamt einen Dämpfer verpasst.

Geschäftskritisch: Fachkräftemangel bremst Innovationen aus

Auf die Frage, warum die Unternehmen nicht noch mehr im Bereich Innovationen tun, gibt der Fachkräftemangel die Antwort. Er ist für 83 Prozent der Befragten derzeit das geschäftskritischste Problem. Rund 22 Prozent der Befragten geben an, dass fehlende Fachkräfte sie konkret daran hindern, Innovationen stärker voranzutreiben. Die Unternehmen haben schlichtweg nicht genügend qualifiziertes Personal.

Deshalb erfahren Investitionen in die Qualifizierung von Mitarbeitern in fast allen Branchen einen regelrechten Boom. Mittlerweile gibt jeder dritte Mittelständler an, Geld für die Weiterbildung seiner Mitarbeiter in die Hand zu nehmen, um auf diese Weise zukunftsfähig zu bleiben. Dieser Anteil hat sich in den vergangenen eineinhalb Jahren verdreifacht.

Aber auch auf externe Unterstützung sind die Unternehmen angewiesen: 34 Prozent von ihnen wünschen sich, dass Innovationen in Studium und Ausbildung des Nachwuchses besser verankert wären. Doch die fehlenden Fachkräfte sind nicht das einzige Problem: Mehr als jedes zweite befragte Unternehmen beklagt die mangelhafte digitale Infrastruktur, die Innovationen – insbesondere im technologischen Bereich – ausbremst. 43 Prozent der Unternehmen benötigen hingegen staatliche Fördermittel oder staatliche Forschungszulagen, um ihr Innovationsmanagement ausbauen zu können.

 

Über die Sonderumfrage

Die Daten für die Sonderumfrage wurden in der Zeit vom 23. Februar bis 22. März 2022 über Telefon- und Onlineinterviews erhoben. An der repräsentativen Umfrage beteiligten sich mehr als 1.000 Inhaber und Geschäftsführer mittelständischer deutscher Unternehmen.

Die Studie zum Download finden Sie hier.

Lisa Unbehaun