Kunststiftung DZ BANK zeigt Werke von Lilly Lulay und Susa Templin
Wir nehmen die Welt selektiv wahr, das ist bekannt. Doch was blenden wir aus und warum? Lilly Lulay und Susa Templin spüren mit ihren Arbeiten unseren Sehgewohnheiten nach und stellen diese auf die Probe. In der neuen Ausstellung »Durchblick. Lilly Lulay und Susa Templin« präsentiert die Kunststiftung DZ BANK vom 16. Februar bis 21. Mai 2022 eine Gegenüberstellung fotografischer Werke der beiden Frankfurter Künstlerinnen, die auf ganz unterschiedliche Weise die Ordnungsmechanismen befragen, die unseren Blick auf die Welt prägen.
Lilly Lulay (*1985, Frankfurt am Main) beschäftigt sich mit der Fotografie als integralem Bestandteil unseres täglichen Lebens. In ihren Arbeiten verwendet sie eigene und gefundene Fotografien als ›Rohmaterial‹, das sie in Collagen, Filmen oder raumgreifenden Installationen arrangiert. In ihren jüngeren Arbeiten gilt Lulays besondere Aufmerksamkeit der digitalen Bildverarbeitung und -speicherung: Wie werden (Bild-)Informationen gesammelt? Was lesen die Algorithmen der riesigen digitalen Datenspeicher aus unseren Bilddaten heraus? Und wie wirkt sich das wiederum auf unsere Wahrnehmung von Bildern aus? In ihrer Werkreihe »Lesson I: The Algorithmic Gaze« gestaltet Lulay das Prinzip digitaler Bildspeicher durch Algorithmen nach, indem sie schwarz lackierte Holzplatten auf Bilder montiert, die nur durch kleine geometrische Ausschnitte Rückschlüsse auf das dahinterliegende Motiv zulassen. Mathematische Formeln veranschaulichen die Prozesse, denen Bilddaten durch Algorithmen und KIs unterworfen werden. Lulay macht damit deutlich, dass Informationen – ob von einer Person oder einer Künstlichen Intelligenz (KI) – immer selektiv verarbeitet werden.
Lilly Lulay studierte Fotografie, Bildhauerei und Mediensoziologie an der HfG Offenbach und an der École supérieure des Beaux-Arts de Bordeaux. Ihre fotobasierten Werke erlangen
internationale Anerkennung und werden vielfach ausgezeichnet und gefördert. Lulay lebt und arbeitet in Frankfurt und Brüssel.
Susa Templin (* 1965, Hamburg) verwendet für ihre Arbeiten Aufnahmen architektonischer Versatzstücke wie Wände, Türen oder Fenster. Damit greift sie traditionelle Sujets in der Kunstgeschichte auf, die im übertragenen Sinn auch als Schwellenorte seelischer Veränderungen und Übergänge verstanden werden können. Ihre Motive findet sie in ihrer unmittelbaren Umgebung. So fotografiert sie seit Beginn ihrer künstlerischen Laufbahn zum Beispiel den Blick aus den Fenstern ihrer Ateliers. In ihren jüngsten fotografischen Installationen untersucht Templin die Wahrnehmung von Räumen, indem sie diese de- und rekonstruiert. Dafür nimmt sie mit einer analogen Mittelformatkamera architektonische Elemente in den Blick. Die entstandenen Handabzüge ordnet sie in Raummodellen an, fotografiert diese erneut und druckt sie – teilweise übereinander – auf großformatige transparente Folien. Im Ausstellungsraum aufgehängt, entstehen je nach Perspektive weitere Überschneidungen der Architekturbilder. Das Ergebnis ist ein Labyrinth abstrakter Raumideen, das den Betrachtern eine schier unendliche Zahl von Raumwahrnehmungen ermöglicht.
Susa Templin studierte von 1987 bis 1993 an der Städelschule in Frankfurt am Main und an der Hochschule der Künste in Berlin. Ihre fotografischen, teilweise begehbaren Rauminstallationen werden in namhaften nationalen und internationalen Institutionen gezeigt. Templin lebt und arbeitet in Berlin und Frankfurt.