19.08.2021

Sonderumfrage im Mittelstand: Nachhaltigkeit in Lieferketten noch Zukunftsmusik

  • Repräsentative Befragung zeigt: Weniger als jeder dritte Mittelständler berücksichtigt aktuell Nachhaltigkeitskriterien bei der Auswahl der Lieferanten.
  • Im Ressourcenmanagement sind viele Firmen dagegen schon gut aufgestellt.
  • Jeder zweite Mittelständler rechnet mit weiter steigenden Betriebskosten wegen Nachhaltigkeit.
  • Firmenkundenvorstand Uwe Berghaus: „Ergebnisse gewinnen an Brisanz angesichts des beschlossenen Lieferkettengesetzes.“

 

Der deutsche Mittelstand hat Nachholbedarf beim Thema Nachhaltigkeit. Das belegt eine repräsentative Sonderumfrage der DZ BANK, in der 1.000 Geschäftsführer und Entscheider zum Status Quo in puncto Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen befragt worden sind. Das Ergebnis: Zwar haben die Firmen schon erste Maßnahmen ergriffen, um den Ressourcenverbrauch in den Unternehmen zu verringern. Mit Blick auf die Themen Gleichstellung und Menschenrechte sind viele heute aber noch nicht wirklich gut aufgestellt.

Dass viele Unternehmen noch einen weiten Weg vor sich haben, um sich für die Nachhaltigkeitsanforderungen der Zukunft zu wappnen, zeigt insbesondere der Blick auf die Lieferketten: Mit 29 Prozent geben aktuell auffallend wenige Mittelständler an, Nachhaltigkeitskriterien bei der Auswahl ihrer Lieferanten zu berücksichtigen. Insbesondere die Bauindustrie hat Nachholbedarf, denn dort behalten bislang nur 20 Prozent im Blick, wie nachhaltig ihre Lieferanten sind.

Der Handlungsdruck für die Firmen ist groß, denn: Das von der Bundesregierung beschlossene Lieferkettengesetzt tritt zum 1. Januar 2023 in Kraft. Es verpflichtet Unternehmen dazu, Sorge zu tragen, dass in ihren Lieferketten keine Menschenrechte verletzt werden oder die Umwelt Schaden trägt. Nach dem Gesetz sind abhängig von der Beschäftigtenzahl zwar nur größere Unternehmen in der Pflicht, ihre Zulieferer zu überprüfen. Mittelbar sind jedoch alle Unternehmen betroffen, die beispielsweise Einzelteile für die Produktion dieser Unternehmen beisteuern.

„Für die Unternehmen ist es fünf vor zwölf. In den kommenden 15 Monaten müssen sie Abläufe schaffen, mit denen sie ihre Lieferanten prüfen und kontrollieren und im Ernstfall präventiv eingreifen“, sagt Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der DZ BANK. „Gleichzeitig bietet das Lieferkettengesetz auch die Chance, das eigene Geschäftsmodell für eine nachhaltige Wirtschaft fit zu machen. Besonders innovative Lösungen können die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen steigern.“

Mehr Nachhaltigkeit bedeutet mehr Ausgaben. Mehr als jeder zweite deutsche Mittelständler rechnet schon heute mit zusätzlichen Kosten, um nachhaltiger zu werden. Vor allem das Baugewerbe (63 Prozent) und die Chemie- und Kunststoffindustrie (61 Prozent) sehen sich mit nachhaltigkeitsbedingten Mehrkosten konfrontiert. In der Chemie- und Kunststoffindustrie dürften sie vor allem mit dem hohen Energieverbrauch der Branche zusammenhängen; bei Bauunternehmen sorgen insbesondere die immer strengeren rechtlichen Anforderungen an den Klimaschutz von Gebäuden für zusätzliche Aufwände.

Bei Null starten müssen die Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit allerdings nicht. Die Befragung zeigt, dass viele unter ihnen bereits Maßnahmen ergriffen haben, um nachhaltiger zu werden. 77 Prozent der Mittelständler setzen heute schon auf Recycling und ein verbessertes Abfallmanagement, 76 Prozent treiben die Digitalisierung mit dem Ziel eines verringerten Ressourcenverbrauchs voran. Auch mit Energieeffizienz und Gebäudemanagement sowie mit Angeboten zur Gesundheitsförderung für Mitarbeiter befassen sich derzeit bereits fast drei von vier Unternehmen. Auffällig dabei: Nur jeder Zweite kümmert sich derzeit darum, die Gleichstellung im Unternehmen voranzutreiben.

Wie konsequent die Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit angehen, hängt stark mit Branche und Firmengröße zusammen. Das zeigt das Beispiel Ökostrom: Während in der Agrarbranche heute schon fast 70 Prozent der Unternehmen auf nachhaltige Energien setzen, tut das im Maschinenbausektor erst weniger als jeder Zweite. Außerdem sind die größeren Mittelständler tendenziell aktiver, was Nachhaltigkeit anbelangt.

Die vollständige Studie können Sie hier downloaden.


Über die Sonderumfrage

Die Daten für die Sonderumfrage wurden in der Zeit vom 10. bis zum 26. März 2021 über Telefon- und Onlineinterviews erhoben. An der repräsentativen Umfrage beteiligten sich 1.000 Inhaber und Geschäftsführer mittelständischer deutscher Unternehmen.  

Lisa Unbehaun